TROCKENLEITUNG MARstall

Trockenleitung_MARstall, 2022

Located at
Landesmuseum Mainz
Große Bleiche 49-51
55116 Mainz

cite-specific Installation
380 x 550 x 370 cm

Installation aus
16 Wäscheständer, Haushaltsgegenstände, Spiel- und Werkzeug, Transportkiste, Lichtelemente & digitale Pigmentdrucke an Baugerüst

Pigmentdrucke
kreuzung_6, 2018
150 x 100 cm | Auflage 3 + 2 AP
kreuzung_2, 2018
150 x 100 cm | Auflage 3 + 2 AP
ableitung_12, 2020
200 x 137 cm | Auflage 3 + 2 AP

Gefördet von
Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration in Rheinland-Pfalz, NEUSTART KULTUR, Leifheit AG




Die Installation Trockenleitung_MARstall greift einen historischen Zusammenhang auf, indem die Künstlerin statt des goldenen Rosses am Eingangsportal des Landesmuseums, welches einst die kurfürstliche Reithalle war, ein leuchtend rotes und erschlafft herabhängendes Spielzeugpferd an der obersten Gerüststange des Baugerüstes präsentiert, welches den zwei- bzw. dreidimensionalen Arbeitskomponenten als tragende Konstruktion und gleichzeitig als karnevaleske Bühne dient. Dass es hierbei nicht ganz mit rechten Dingen zugeht, darauf verweist auch ironisch das MAR im Titel der Arbeit im Sinne seiner Wortbedeutung von beeinträchtigt.

In Anlehnung an das Steindepot im Innenhof des Museums befindet sich im vorderen Teil der Arbeit ein Lager von Utensilien, mit denen die Künstlerin gewöhnlich arbeitet. Man erkennt farbige Sportbänder, Spielfiguren, wie Indianer und Cowboys, sowie einen Basketballkorb, eine Holzkiste und ein Moskitonetz. Weitergeführt wird das Arrangement von einem Pigmentdruck, in dem Cowboys und Indianer sich eine Verfolgungsjagd auf einem Trampolin liefern. Diese Form des Kriegsspiels verweist auch auf die militärische Funktion der ursprünglichen Reithalle und damit auch auf die kriegerische Aneignung fremder Territorien, welche im Rheinland bereits seit den Römern zu einer kulturellen Aneignung geführt hat. So wurde sogar die Reithalle für Konzerte von Paganini genutzt.

Den hinteren Abschluss der Installation bilden sechzehn sich hoch auftürmende Wäscheständer (engl. clotheshorse). Sie bilden durch die Betonung der Diagonalen, was den Eindruck des Stürzens erzeugt, ein Gegengewicht zu der statischen Konstruktion des Baugerüsts. Ein darin installiertes Spielhaus steht Kopf und auch andere dysfunktional verwendete Haushaltsgegenstände verweisen auf einen den Menschen entgleitenden Alltag, wie er nur wenige Monate vorher bei der Flutkatastrophe im Ahrtal erlebbar wurde.
Im Zentrum der Installation hängen luftleere Pezzibälle, die an Pendel erinnern, erschlafft nach unten. Zweidimensionale Arbeiten, wie zwei großformatige Drucke auf Leuchtkastenfolie sowie kleine in Collagen überführte Schwarzweißfotografien, die Teile des Landesmuseums zeigen und in die Arbeit einbinden, hängen an der Rückseite des Gerüsts. Durch die Hinterleuchtung mit LED-Röhren erhalten die Drucke einen transparenten Charakter, der auf die Entstehung dieser Arbeiten am Computer und damit auf ihren digitalen Charakter verweist.
Was Britz hier vorführt, ist die Idee eines dreidimensionalen Skizzenbuches, in dem sich die Linie vom Gerüst in den Druck, über das Digitale ins Analoge erstreckt. In diesem surrealen Zusammenspiel unserer alltäglich sich widerstreitenden Lebensrealitäten und Sichtweisen postuliert Britz, die sich die Rolle des Narren aneignet, eine gesellschaftliche Schieflage.